Rotmilane (Milvus milvus) sind mit 60 bis 72 cm Körpergröße etwas größer als ein Mäusebussard. Der Geschlechtsdimorphismus zeigt sich vor allem im Körpergewicht. Die Männchen wiegen etwa 750 bis 1200g, die Weibchen hingegen ca. 950 bis 1600g. Die Flügelspannweite beträgt 143 bis 171 cm.
Das Kopf-, Nacken- und Kehlgefieder adulter Rotmilane ist hellgrau, fast weiß mit schwarzen Federschäften, die die Körperpartien schwarz gestrichelt erscheinen lassen. Der kräftige Schnabel ist an der Basis gelb, der Schnabelhaken ist dunkelgrau oder schwarz. Die Iris adulter Rotmilane ist blassgelb. Das Bauchgefieder weist eine schwarze Längsstrichelung auf und ist etwas heller und leuchtender rötlichbraun als das braune Rückengefieder, die Unterflügeldeckfedern weisen die gleiche Färbung auf. Die Arm- und Handschwingen sind an den Enden schwarzbraun. Das rostrote Steuer ist lang und im Flug tief gegabelt. Im Flugbild werden die weißen Flügelfelder der Handschwingen sichtbar.
Das Geschlecht ist anhand des Gefieders nicht bestimmbar, auch die juvenilen Vögel unterscheiden sich im Gefieder kaum von den Alttieren.
Juvenile Individuen weisen allerdings einen sandfarbenen, nicht hellgrau-weißen Kopf auf, der bei gutem Licht auch im Feld erkannt werden kann. Das Bauchgefieder ist blasser rötlich und eher gesprenkelt als längsgestrichelt.
Lautäußerungen
Die Art ruft eher selten und insgesamt weniger als der verwandte Schwarzmilan. Vor allem außerhalb der Balz- und Brutzeit verhalten sich die Vögel überwiegend ruhig. Konflikte mit Nahrungskonkurrenten wie beispielsweise Mäusebussarden oder Krähen werden jedoch lautstark ausgetragen. Der auffälligste Ruf des Rotmilans ist ein gedehntes, oft klagendes Trillern „uuu-wiuwiuwiu-wiuuuuu“, das wellenförmig und kürzer werdend abschließt.
Der Rotmilan besiedelt offene und halboffene Landschaften mit lockeren Gehölzbeständen in Niederungs- und Hügellandgebieten bis in einer Höhe von ca. 800 m über NN. Lediglich im Schweizer Jura liegen vereinzelte Brutplätze bei fast 1.200 m. Die Art ist deutlich weniger an Wasser gebunden wie der nah verwandte Schwarzmilan, trotzdem brüten beide Arten oftmals in direkter Nachbarschaft. Die Habitate des Rotmilans sind vor allem in Mitteleuropa Kulturlandschaften wie Grasland, Viehweiden und Parklandschaften. Ein essentieller Faktor zur Besiedlung der Lebensräume ist das Vorhandensein von geeigneten Horstbäumen. Als Nahrungshabitate werden zusätzlich Feuchtgebiete, abgeerntete Felder, Straßenränder und Mülldeponien miteinbezogen, wenn auch in geringerem Ausmaß als beim Schwarzmilan.
Milvus milvus ist ein Nahrungsgeneralist. Er ernährt sich beispielsweise von Mäusen, Feldhamstern, Vögeln, Fischen und Aas, wobei die aktive Jagd beim Rotmilan eine größere Rolle spielt, als beim Schwarzmilan. Individuell kann das Nahrungsspektrum sehr unterschiedlich ausfallen, Fisch ist allerdings nur in Ausnahmefällen die dominierende Nahrungskomponente. Am häufigsten werden in der Regel Feldmäuse und Maulwürfe geschlagen, bei den erbeuteten Vögeln dominieren oftmals Stare, gefolgt von Tauben, Rabenvögeln und Drosseln. Auch Wirbellose sind ein nicht unerheblicher Nahrungsbestandteil, vor allem im Frühjahr ergänzen Käfer, Regenwürmer das Nahrungsspektrum. Reptilien und Amphibien werden seltener erbeutet, in Südeuropa ist der Anteil jedoch etwas höher.
Der Anteil an Aas ist bei Rotmilanen etwas geringer als bei Schwarzmilanen, die Tiere suchen aber ebenso Straßen, Mülldeponien und Tierverwertungsanlagen nach verendeten Tieren ab.
Der Rotmilan ist ein Sichtjäger, der große, offene Gebiete systematisch im langsamen Gleit- und Segelflug nach Beute absucht. Außerdem ist er ein Überraschungsjäger, der seine Beute nicht über größere Distanzen verfolgt, sondern nach Misserfolg die Jagd abbricht. Gelegentlich schreitet die Art auch den Boden ab, vor allem um Wirbellose zu erbeuten. Die Beutetiere werden im Flug vom Erdboden aufgenommen, auch Fische werden von der Wasseroberfläche abgegriffen. Rotmilane jagen auch häufiger anderen Vögeln wie Bussarden, Krähen oder Möwen die Beute ab oder bedrängen diese solange, bis sie bereits verzehrte Nahrung wieder auswürgen. Insgesamt hat der Rotmilan eine Vielzahl verschiedener Nahrungserwerbsstrategien und ist sehr flexibel.
Die Geschlechtsreife tritt beim Rotmilan in der Regel im zweiten Lebensjahr ein, die erste Brut findet jedoch meist erst im dritten Lebensjahr statt. Rotmilane sind während der Brutsaison monogam, häufig dauert diese Partnerschaft auch über mehrere Jahre an, wenn sich die Vögel nach der Rückkehr aus den Überwinterungsgebieten wiedertreffen. Insgesamt scheint die Paarbindung bei Standvögeln stabiler zu sein, als bei ziehenden Populationen.
Rotmilane sind sehr ortstreu und direkt nach der Ankunft in den Revieren beginnt die Balz mit gemeinsamen Flügen, Futterübergaben und dem anschließenden Ausbau des Horstes. Als Horststandort werden zumeist Waldränder, kleinen Gehölzinseln und ähnliche Strukturen gewählt, häufige Horstbäume sind in Mitteleuropa Eichen, Buchen oder Kiefern. Bei den Populationen auf den Balearen und in Nordafrika kommen auch Felsbruten vor.
Die Brutzeit beginnt in Mitteleuropa Ende März, in Südeuropa bereits zwei Wochen früher. Die nördlichen Populationen beginnen nicht vor Ende April mit der Eiablage. Die Art brütet einmal im Jahr, bei frühem Verlust der Brut kommt es zu einem Nachgelege. Das Gelege besteht aus 1-5, in der Regel jedoch drei Eiern. Während der Brutzeit, die etwa 32 bis 33 Tage andauert, verlässt das Weibchen nur selten den Horst. Die Jungvögel sind je nach Witterung und Nahrungsangebot nach 48 und 54 Tagen, in Extremfällen bis zu 70 Tagen, flügge.
Rotmilane können ein hohes Alter erreichen, Ringfunde bestätigten schon Tiere, die 25 Jahre alt waren. Eine Untersuchung von Pfeiffer (2009) zeigte jedoch, dass 2/3 von 44 gefangenen Individuen zwischen drei und sieben Jahre alt waren. Die Mortalität ist besonders während des ersten Zugs in die Überwinterungsgebiete sehr hoch und liegt bei ca. 60-65%. Die häufigsten Todesursachen sind Nahrungsmangel, Abschuss, Vergiftungen und insbesondere Kollisionen mit Stromleitungen, Windkraftanlagen und Fahrzeugen.
In Mittel- und Nordeuropa ist der Rotmilan ein Zugvogel, der im Herbst die Brutreviere räumt und in südwestlicher Richtung, zumeist nach Spanien, zieht und dort überwintert. Allerdings sind die Zugstrategien der Art nicht einheitlich und es ist zunehmend eine Verkürzung der Zugrouten zu verzeichnen. In den letzten Jahrzehnten kam es außerdem häufiger zu Überwinterungen, in zuvor geräumten Gebieten. Die Populationen West-, Süd- und Südosteuropas, sowie Nordafrikas sind überwiegend Standvögel.
Rotmilane ziehen tagsüber einzeln oder in kleinen Trupps. Der Wegzug beginnt Mitte September, Mitte Februar kehren die ersten Individuen bereits zurück in die Brutgebiete. Ein- bis zweijährige Rotmilane, die noch nicht zur Brut schreiten, verbringen den Sommer häufig im Überwinterungsgebiet.
Der Rotmilan wird laut HBW in zwei Unterarten unterteilt:
- M. m. milvus: Brutvogel von Süd-Schweden in östlicher Richtung bis zur Ukraine und den Südwesten Russlands, von Süd- über Mitteleuropa bis in den westlichen und zentralen Mittelmeerraum; Britische Inseln (Wales, wieder angesiedelt in Schottland und England); evtl. im Kaukasus-Gebiet; ehemals auf den Kanarischen Inseln.
- M. m. fasciicauda: Kap Verde Inseln, Unterart vermutlich ausgestorben.
Vogel des Jahres 2000
Der Rotmilan wurde im Jahr 2000 zum Vogel des Jahres gekürt. Keine andere Vogelart konzentriert sich mit einem derart hohen Anteil ihrer Weltpopulation auf Deutschland wie der Rotmilan. Damit trägt das Land für diese Vogelart eine besonders hohe Verantwortung.
Die Art leidet besonders unter der Intensivlandwirtschaft, vor allem aufgrund der vermehrten Anwendung von Pestiziden, besonders Rodentiziden (Rückgang an Nagetieren, aber auch direkte Vergiftungen). Es ist außerdem erwiesen, dass Rotmilane deutlich häufiger als andere (Greif-)vögel an Windkraftanlagen verunglücken, in deren Nähe die Vögel offenbar bevorzugt nach Beutetieren suchen. Auch Straßen, Bahnlinien und Stromtrassen stellen für die Art eine große Gefahrenquelle dar.
Daher wird gefordert, dass der Einsatz von Pestiziden und insbesondere Rodentiziden verringert wird. Strom- und Bahntrassen sind im Sinne des §53 BNatSchG (Vogelschutz an Energiefreileitungen) entsprechend so umzubauen, dass das Verletzungs- und Sterberisiko deutlich gemindert wird. Es ist außerdem wichtig eine naturnahe Waldbewirtschaftung zu fördern, um die Horststandorte der Art langfristig zu erhalten und es ist essentiell, dass Brutgebiete und Winterquartiere weiträumig von Planungen von Windenergieanlagen ausgeschlossen werden.
Die IUCN / Birdlife International stuft Milvus milvus als "NT = Near Threatened" - also als "potenziell gefährdet" ein. Die Schwellenwerte zur Einstufung in die Kategorie „gefährdet“ wurden nur knapp unterschritten. Es ist ein Rückgang der Individuenzahlen zu verzeichnen, der hauptsächlich auf Vergiftungen durch Pestizide, Bejagung und Änderung der Landnutzungsformen zurückzuführen ist. Besonders in Südeuropa sinken die Bestände rapide, in Nordeuropa sind die Bestandszahlen weitestgehend stabil und nehmen punktuell sogar zu.
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CITES
appendix 2
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Regulation (EG) Nr. 865/2006
appendix A
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German Federal Nature Conservation Act §44
strictly protected
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listed in hunting law