Die Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus oder Larus ridibundus) ist eine umgangssprachlich auch als “Maskenmöwe” (wie auch andere Vertreter des Chroicocephalus-Genus) bezeichnete Kleinmöwe mit Körpermaßen von 35-43cm, einer Flügelspannweite von 86-110cm und einem Gewicht von 195-325g - wobei Männchen üblicherweise größer sind als Weibchen. Diese Möwe kann ein Alter von über 32 Jahren erreichen.
Je nach Autor wird die Lachmöwe dem Genus Larus (Handbook of the birds of the world) oder Chroicocephalus (avibase) zugeordnet. Es wird ihr eine sehr enge Verwandschaft zur Braunkopfmöwe (L. brunnicephalus) nachgesagt. Eine Hybridisierung ist prinzipiell mit der Scharzkopfmöwe (L. melanocephalus), der Sturmmöwe (L. canus) und der Dünnschnabelmöwe (L. genei) möglich - gerade Schwarzkopfmöwen brüten vereinzelt in Deutschland in Kolonien der Lachmöwe (z.B. im Zwillbrocker Venn in NRW).
Die Lachmöwe wird als monoyptisch betrachtet. Vögel der Nordöstlichen Population in Sibirien werden je nach Autor auch als sibiricus bezeichnet, diese sind kaum merklich größer als die anderen Populationen.
Bei der Lachmöwe handelt es sich um eine "Zweijahresmöwe" - sie erreicht innerhalb von zwei Jahren ihr adultes Federkleid. Bis dahin wird von einem noch bräunlichen Federkleid in ein helles gemausert.
Merkmale
Kennzeichen Adult:
Adulte Vögel unterscheiden sich auffallend im Pracht- und im Schlichtkleid. Während adulte Individuen zur Brutzeit eine dunkelbraun bis schwärzlich-schokoladebraune Kopffärbung aufweisen, die von weitem tiefschwarz wirken kann, reduziert sich der dunkle Anteil am Kopf im Schlichtkleid auf dunkle Flecken über den Augen und/oder auf den Ohrdecken. Der Nacken kann ebenfalls eine leicht dunkle Färbung aufweisen. In beiden Kleidern ist ein weißer Halbmond hinter dem dunkelbraunen Auge erkennbar.
Die „klassische“ Lachmöwe weist eine weiße Unterseite und einen weißen Nacken auf - in norwegischen Populationen kann der Weißanteil der Unterseite jedoch auch reinen Tick rosa enthalten. Die Oberseite ist in grau gehalten. Die Handschwingenprojektion ist schwarz (vgl. Schwarzkopfmöwe) und die Spitzen der inneren Handschwingen können mehr oder weniger weiß sein. Prinzipiell sind die inneren Handschwingen und die Armschwingen grau gefärbt. Auf den Armschwingen finden sich weiße Spitzen.
Bedingt durch den großen Weißanteil der äußeren Handschwingen ist im Flugbild ein dunkel umrandeter heller Keil am Flügelaußenrand erkennbar, ein Merkmal welches außerdem noch u.a. Dünnschnabelmöwen und Bonapartemöwen aufweisen. Der Stoß ist rein weiß (vgl. Juvenil). Beine und Schnabel sind dunkelrot gefärbt. Im Schlichtkleid ist die Schnabelspitze großflächig dunkler als der Rest des Schnabels.
Die Lachmöwe ist am besten durch den ausgedehnteren weißen Keil am Flügelaußenrand und die geringere Größe von der Braunkopfmöwe zu unterscheiden. Eine weitere Verwechslungsgefahr besteht mit der Patagonienmöwe (L. maculipennis). Die Lachmöwe ist allerdings etwas größer und weist schwarze Spitzen der äußeren Handschwingen auf.
Lachmöwen sind von Jannuar-Oktober im Prachtkleid, und von September-März im Schlichtkleid zu beobachten. Je nach Individuum überlappen sich die Federkleider.
Kennzeichen Juvenil (Juni-August):
Juvenile Vögel weisen eine stark gelbbraun-braun gefleckte Oberseite (Schirmfedern, mittlere Flügeldecken, Rücken, Schulter, Mantel, Kopf) auf. Die Flügel sind braun gemustert, und somit weit von einer einheitlich weißen Färbung entfernt. Im Vergleich zu adulten Vögeln ist die Schwanzendbinde breit dunkelbraun/schwarz, Schnabel und Beine gelblich/orange bis fleischfarben gefärbt. Die Schnabelspitze erinnert mit der dunklen Spitze an einen Altvogel im Schlichtkleid.
Kennzeichen 1.Winter (Juli-April):
Die Färbung des Kopfes und des Körpers ist identisch mit der eines Altvogels im Schlichtkleid. Flügel, Schwanz, Schnabel- und Beinfarbe spiegeln allerdings noch einen juvenilen Vogel wieder.
Kennzeichen 1.Sommer (März-September):
Das Federkleid ist identisch dem des 1. Winters, aber die Kopfkappe ist oft schon wie bei adulten Vögeln ausgebildet - manchmal mehr, manchmal weniger. Schnabel und Beine sind bereits intensiver rot. Der Braunanteil in den Flügeln ist bereits stark reduziert bis fehlend.
Lautäußerungen
Lachmöwen sind speziell am Brutplatz und auf Nahrungssuche sehr lautstark. Balzrufe werden als ein krächzendes „rä grä grä-krää, kräähh“ auch nachts wiedergegeben. Ein scharfes „kik“, „kekekek“ oder „kriiiiärr“ gehört zu den typischen Rufen bei der Nahrungssuche. Bedingt durch die Ähnlichkeit mit einem spöttischen Lachen, hat die Lachmöwe diesen Lautäußerungen auch ihren Namen zu verdanken.
Die Lachmöwe bevorzugt die gemäßigten Breiten bis zum Rand des nördlich-borealen Nadelwaldgürtels. Gewässer jeder Art - ob Küste oder Fluss - bieten der Lachmöwe einen geeigneten Lebensraum. Nur sehr selten sieht man sie in höheren Lagen. Häufig finden sich große Ansammlungen auf Weide- und Agrarflächen. Häfen, Abwässer, Kläranlagen und Müllhalden zählen ebenfalls zu Anziehungspunkten oft großer Trupps.
Prinzipiell bevorzugen Lachmöwen Süßwasserseen oder Moorlandschaften als Brutplatz. Niedrige Wasserspiegel sind für eine Lachmöwenkolonie von Vorteil. Trockengefallene, sonst überflutete Uferbereiche werden gerne angenommen. Aber auch sehr trockene Standorte wie Sanddünen oder Strände werden als Brutbereiche genutzt. In Skandinavien brüten Lachmöwen verstärkt in Salzwassernähe. In niederschlagsreichen Jahren weichen sie auch auf niedrige Bäume aus.
In den Wintermonaten findet man Lachmöwen vermehrt an Küsten und im Inland - Lachmöwen sind nur im Durchzug auf hoher See zu sehen.
Fortpflanzung
Lachmöwen sind Koloniebrüter mit 10-20.000 Paaren (meistens 10-100 Paare). Solitäre Bruten sind äußerst selten, wurden aber schon öfter in Schweden beobachtet. Meist erfolgt die erste Brut im vierten Kalenderjahr in einer monogamen Saisonehe ab ca. Mitte April (Ankunft in der Brutkolonie Ende Februar bis Ende März). Alle Eier innerhalb einer Kolonie werden innerhalb von zwei Wochen gelegt - und 22-26 Tage lang bebrütet. Auch eine jährliche Wiederverpaarung gleicher Partner ist möglich, da Lachmöwen eine Brutplatztreue zeigen.
Das Nest wird mindestens einen Meter vom nächsten Nachbarn entfernt - bevorzugt in niedriger Vegetation am oder schwimmend auf dem Wasser - angelegt. Der Untergrund ist variabel. Sand und Vegetation von Felsen bis zum Sumpf sind möglich. Beim Nest handelt es sich um eine Mulde, die mit Pflanzenhalmen ausgelegt ist. Das Männchen übernimmt zumeist den Nestbau.
Meistens werden drei Eier (können auch ein oder zwei sein), die ca. 52x26mm messen, gelegt. Farblich bewegen sie sich in dunkel gefleckten Braun- und Grüntönen.
Jungvögel sind Nesthocker und werden von beiden Elternteilen durch hochwürgen der Nahrung gefüttert. Sie sind nach 26-28 Tagen flügge und nach ca. 35 Tagen sind die Jungvögel nicht mehr auf die Fürsorge ihrer Eltern angewiesen.
Nahrungssuche
Lachmöwen sind opportunistische Nahrungsgeneralisten. Insekten, kleine Fische, Würmer, Krebstiere, kleine Wirbeltiere und Aas stellen den tierischen Nahrungsanteil dar - Getreide und Pflanzensamen von Oliven, Feigen, Ahorn u.a. werden ebenfalls verzehrt. Den größten Anteil stellen in der Brutzeit meist Insekten dar. Die Lachmöwe ist auch als Eierdieb in Seeschwalbenkolonien bekannt.
Ob am Boden, im niedrigen Suchflug, rüttelnd, schwimmend oder sogar im Sturzflug – die Nahrungsaufnahme ist je nach Gegebenheit unterschiedlich. Häufig sieht man Lachmöwen Schiffe oder Traktoren verfolgen, um aufgewirbelte oder freigelegte Invertebraten aufzunehmen. Nahrungsparasitismus ist ebenfalls durchaus üblich. Häufig an Kiebitzen (Vanellus vanellus) und an Goldregenpfeifern (Pluvialis apricaria).
Wie bereits erwähnt zieht es Lachmöwen in den kalten Wintermonaten vermehrt in Städte und in die menschliche Nähe - wo Abfälle und Nahrungsreste in großer Fülle gefunden werden können. Anthropogene Futterquellen scheinen weiterhin vor allem in Westeuropa sehr beliebt zu sein.
Die Lachmöwe ist in der Paläarktis sehr weit verbreitet. Brutvorkommen reichen von Grönland, Island bis Kamtschatka (einzelne Nachweise auch aus Neufundland). Wintergebiete sind u.a. aus dem mittleren Osten, Süd-. West- und Ostafrika, Indien, China und Südostasien bekannt. In Europa gibt es ein Zugverhalten sowohl nach Westen als auch nach Süden. Lachmöwen können Stand- oder Strichvögel, Teil,- Kurz,- oder Langstreckenzieher sein - je nach geographischer Lage.
Tieflandpopulationen sind hauptsächlich Standvögel. Ein Zugverhalten ist vor allem bei den nördlichen Populationen zu beobachten. Skandinavische Brutvögel ziehen beispielsweise nach Großbritannien, allerdings auch bis Westafrika. Der Großteil der in Großbritannien überwinternden Lachmöwen stammt allerdings aus dem Baltikum. In Spanien findet man überwiegend Vögel aus Frankreich oder Belgien, wobei dort nachweislich Vögel aus dem gesamten europäischen Raum überwintern. In Europa kann man das Hauptüberwinterungsgebiet mit der 0-°C - Isotherme eingrenzen.
Asiatische Lachmöwen überwintern u.a. in Indien, Hong Kong, Nepal, Japan, auf Borneo, Sri Lanka, in Malaysia und auf den Philippinen. Es gab auch Nachweise aus Neu Guinea und Australien. Außerdem wurden Lachmöwen in Florida, Kolumbien oder Trinidad und Tobago nachgewiesen. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Irrgäste aus dem kleinen neufundländischen Brutgebiet.
Der Abzug aus dem Brutgebiet erfolgt ab August, kann sich aber bis Dezember ziehen. Der Heimzug beginnt in Mitteleuropa ab Februar.
Bestand
Laut Wetlands International 2015 bewegt sich der Weltbestand zwischen 4,8 und 8,9 Millionen Individuen - und der Bestand in Europa zwischen 1,34 und 1,99 Millionen Paaren (BirdLife International 2015). Russland beherbergt mit bis zu 500.000 Paaren den Löwenanteil in Europa.
Die Lachmöwe ist mit mehr als 57.000 Brutpaaren der häufigste Brutvogel im Wattenmeer (Gesamtbestand in Deutschland 2003: 152.000).
Mitte des 19. Jahrhundert kam es zu einem starken Bestandsrückgang bedingt durch Lebensraumverlust und direkte Verfolgung durch den Menschen. Ende des 19. Jahrhunderts nahmen die Bestände in ganz Europa allerdings wieder erheblich zu. 1911 wurden die ersten Lachmöwen in Island erfasst, 1960 in Spanien. In den Niederlanden konnte die Lachmöwe den Brutbestand von 18.000-35.000 Paaren in 1950er Jahren auf 200.000 Paare ausbauen. Auch in Österreich stieg der Brutbestand in nur vierzig Jahren von nur 200 auf 6000-8000 Brutpaare. In den 1970ern bis 1980ern wurden die bislang höchsten Bestände in Europa erreicht. Seither ist wieder ein Abfall zu erkennen (Europaweit um ca. 10%, in Deutschland um 25%), der durchaus als besorgniserregend interpretiert werden kann.
Vor allem lokale Brutbestände sind teils stark von Rückgängen geprägt, was vor allem auf Lebensraumverluste und die Intensivierung der Landwirtschaft zurückzuführen ist.
Die IUCN / BirdLife International stuft die Lachmöwe global als "LC = Least Concern" - also als "Nicht gefährdet" - ein.
In vielen Gebieten werden schon seit z.T. einigen Jahrzehnten künstliche Nistflöße für Seeschwalben und auch Lachmöwen angelegt und ausgebracht, die meist auch dankbar angenommen werden. Gerade so lassen sich viele Brutkolonien im Binnenland stabil und überwacht aufrecht erhalten, was dem Rückgang der Art in den Binnenlandgebieten Mitteleuropas entgegenwirkt.
Durch den Verlust von Lebensräumen, die starke Verbreitung von Neozoen wie dem Mink (Amerikanischer Nerz) und dem Waschbären - die entgegen den einheimischen Prädatoren wie Fuchs, Dachs und Wildschwein - auch aquatil leben und sowohl künstliche Nistflöße als auch Inselareale in Flüssen und Seen problemlos erreichen und so die Nester der Möwen- und Seeschwalbenkolonien plündern können - und der Intensivierung der Landwirtschaft (und dem damit einhergehenden Einsatz von Chemie, der die Nahrungsgrundlagen der Lachmöwen verschlechtert) sind lokale Kolonien der Lachmöwe in Deutschland und auch in Europa z.T. komplett zusammengebrochen. Lokal wurde Larus ridibundus schon in die Roten Listen aufgenommen (z.B. in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Lachmöwe nahezu 50% ihres Brutbestandes eingebüßt hat).
Lachmöwen scheinen vom Klimawandel durchaus stark betroffen zu sein. Auf Grund veränderter Umweltbedingungen soll bis Ende des 21. Jahrhunderts das Verbreitungsgebiet der Lachmöwe erheblich schrumpfen, da die Lebensräume speziell in Westeuropa nicht mehr geeignet sein werden. Obwohl in Norwegen und Russland die Bedingungen besser werden können, wird die Ausdehnung der Lachmöwe wahrscheinlich bald ein Ende finden. Ein allgemeiner Trend lässt sich allerdings sehr schwer feststellen.
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CITES
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Regulation (EG) Nr. 865/2006
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German Federal Nature Conservation Act §44
protected
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listed in hunting law